Folgen
von Hast
Man
kann beim Training nicht schon nach kurzer Zeit gute Resultate erwar- ten.
Das Karatetraining selbst kann sich über ein ganzes Menschenleben
erstrecken, am besten (obwohl es eigentlich keine Altersgrenze für
Beginn gibt) beginnend in der Mittelstufe. Beim Studium irgendeiner Materie
gewinnt man wenig von einem sporadischen Üben und so ist, insbesondere
in einer Kampfkunst wie beispielsweise Karate, ein stetes, unablässiges
Trainieren unabdingbare Notwendigkeit. Viele Leute stürzen sich anfangs
wie toll in das Karatetraining, verlieren aber ihre Begeisterung meist
schon vor Ablauf des ersten Jahres. Von solch einem sporadischen Training
kann man natürlich wenig Gutes erwarten, andererseits aber ist erwiesen,
dass hartes Training vor einer gründlichen Konditionierung des Körpers
zu Schäden führen kann. Ja, dieses Training kann sogar zu dauerhaften
Körperschäden führen, da dessen Sinn offenbar einzig und
allein auf den Körperbau ausgerichtet ist. Deshalb: Trainiere systematisch
ohne ungeduldig zu werden oder dich zu überanstrengen, und entwickele
deine Fähigkeiten allmählich ohne im Fort- schreiten inne zu halten,
Schritt für Schritt, übe mit zunehmendem Kraftein- satz und erhöhe
die Übungsanzahl.
Des
Trainings müde werden
Viele
Leute werden nach einem halben oder ganzen Jahr des Trainings mü- de.
Dieser Ermüdungszustand, der allgemein zu beobachten und nicht für
das Studium des Karate spezifisch ist, ist sehr kritisch. Der Schüler
kann in Abhängigkeit von seiner Einstellung während dieses Zeitraums
die Müdigkeit überwinden oder aber versagen. Wenn man diesen
Schwächezustand gewahr wird, muss man seine Bemühungen verdoppeln
und diese Zeit mit vollem geistigen Einsatz durchlaufen. Wenn er resigniert
und an dieser Stelle aufhört, sind alle seine vorangegangenen Bestrebungen
verloren. Der Schüler, der in diesen Ermüdungszustand gelangt,
zeigt, dass er Karate noch nicht versteht und zu schätzen weiß.
Deshalb kann über Schüler, die das Training aufgeben und Karate
mit nur oberflächlichem Verständnis verlassen, uneingeschränkt
gesagt werden, dass ihr bisschen Wissen zu einer gefährlichen Sache
wurde. Ich hoffe, dass du, nachdem du einmal mit dem Karatetraining begonnen
hast, durch den Nutzen den du hieraus ziehen wirst, weiter übst und
so zu einem vollkommenen Verständnis des Karate gelangst.
Die
verbreitetsten Gründe aus denen Schüler des Trainings überdrüssig
wer- den, liegen darin, dass sie infolge einer Krankheit oder Verletzung
oder we- gen der Unfähigkeit Arme und Beine so gut wie man es sich selbst wünscht
einzusetzen (als Ergebnis unzulänglicher Trainingsintensität),
im Vergleich zu jenen, die gleichzeitig mit ihnen oder sogar später
mit dem Training be- gonnen haben, zurückbleiben. Ein weiterer Grund
liegt auch im Fehlen eines geeigneten Partners, der beim Training eine
Art Konkurrenz darstellt oder anspornt. Für gewöhnlich wird der
Schüler aus diesen vorgenannten Gründen müde, verliert das
Interesse und seine Begeisterung, und führt nur widerwillig einen Sifat
vor den anderen aus, gebraucht faule Ausreden wie etwa, "Ich bin eigentlich
nicht richtig für Karate geeignet," und hört schließlich
völlig auf. Umgekehrt besteht die beste Möglichkeit voran zu
kommen darin, täglich und regelmäßig zu üben und das
gerade dann, nachdem man im Training hinter seinen Trainingskameraden
zurückgeblieben ist (weil man so den Anschluss auf keinen Fall verliert),
sich hohe Ziele vorzusetzen, und stetig, ohne sich zu überstürzen
oder ungeduldig zu werden zu trainieren. Um sein Interesse und seine Begeisterung
für das Karate aufrechterhalten, sollte man versuchen, einen gründlichen
Einblick in das Karate zu erlangen: Durch das aufmerksame Beobachten von Karatevorführungen anderer, durch Zuhören,
wenn andere ihre
Ansichten über Karate darlegen, durch das Lesen von Bü- chern und
insbesondere durch das möglichst häufige Besuchen von Karate- kämpfen
wie auch dem Training am Makiwara und anderen Trainingsausrüs- tungen.
Wenn der Schüler nicht aufhört, wieder und wieder über das Karate
nachzusinnen, ist er in der Lage, einen Trainingsüberdruss
dieser Art zu vermeiden.
Individuelles
Training
Es ist ein einzigartiges Merkmal
des Karate, dass man allein und zu jeder Zeit, an jedem Ort üben kann. Soweit
möglich sollte man leichte, zwanglose Kleidung tragen, ähnlich der, die man
auch bei der normalen Alltagsarbeit trägt. Zum Training ist eine Fläche von
ungefähr 6x6m notwendig, die man nach einiger Zeit auf 5x5m verkleinern kann.
Bis man den Ablauf eines Sifats erlernt hat, sollte man sich lieber einzig
darauf, statt auf den Krafteinsatz konzentrieren. Nachdem man den Aufbau des
Sifats (Kata) verstanden hat, sollte man alsdann den Krafteinsatz allmählich
steigern. Erst, wenn man den Sifat völlig beherrscht und das richtige Gefühl
für ihn erworben hat, sollte man mit dem Erlernen des nächsten Sifat beginnen.
Gruppen-Training
Obwohl es sehr interessant sein
kann, Karate allein zu trainieren, kann man natürlich auch beim
Gruppen-Training viel Freude haben. Wie bei anderen Übungsformen auch, ist mit
dem Training unter fachlicher Anleitung durch den Leiter einer Schule, eines
Vereins oder eine anderen selbständigen Organisation eine ganz
charakteristische, gute Atmosphäre verbunden.
Wie
man einen Sifat erlernt
In
der Vergangenheit wurden ungefähr zwei Jahre als notwendig erachtet,
um einen einzigen Sifat zu erlernen. Der Sinn des Trainings spiegelt sich
in der mit den Worten "Wenngleich der Durchgang schmal sein mag, gehe tief
hinein" ausgedrückten Regel wider. Auch ich brauchte zehn Jahre,
um die ersten fünf Formen richtig zu erlernen. Da aber jede Form ihre
speziellen gu- ten Eigenschaften hat und man auch aus dem Kennenlernen einer
Vielzahl von Formen Vorteile ziehen kann, sollte man dann aber doch wieder
dahin zurückkehren, sich in nur sehr wenigen Formen, dafür aber
gründlich, zu üben.
Besondere
Fähigkeiten und Schwächen
So wie jeder eine bevorzugte Form
hat, gibt es auch Formen in denen er besonders schwach ist. Manche Menschen
haben beispielsweise einen besonders starken Faustangriff oder eine
Schwerthand-Technik, andere wiederum haben eine schnelle Fußtechnik oder
besondere Fertigkeiten bei Sprungtechniken. Es ist wünschenswert, dass jeder
Schüler seine bevorzug- ten Techniken übt und sie zur Vollendung bringt, aber
er darf sich zugleich keinesfalls ausschließlich auf jene konzentrieren und
dadurch die, die er nicht so mag, vernachlässigen. Beim Abwehren des
Faustangriffs eines Gegners gibt es zum Beispiel Situationen, in denen man mit
der Hand blocken sollte und wiederum auch andere Fälle, in denen eine
Fußabwehr besser angebracht wäre; genauso gibt es beim Einsatz einer
Handabwehr unter- schiedliche Situationen, die eine ablenkende Abwehr, einen
abwärts gerich- teten Block, eine Schaufelabwehr, eine ziehende Abwehr oder
einen geziel- ten den Angriff beiseite schleudernden Block erfordern. Man muss
deshalb all die verschiedenen Abwehren kennen und wissen, in welcher Situation
sie zum Einsatz kommen, so dass man imstande ist, gegen jede vom Gegner
präsentierte besondere Haltung, Stellung und Angriffstechnik, den richtigen
Block einzusetzen. Sicherlich könnte ein oberflächliches Verständnis einige
Schüler leicht zu folgendem Standpunkt verleiten: "Meine Lieblingsabwehr
ist der Abwärtsblock. Es gibt daher für mich keinen Grund noch irgendwelche
anderen Abwehren zu lernen!" Wer so denkt ist in der Tat ein nur sehr ober-
flächlicher Denker, da es eigentlich offenbar sein sollte, dass ein Abwärts-
block, so wie jeder andere Block auch, seine Stärken hat. Man muss daher
lernen, Stärken und Schwächen wahrzunehmen, die Abwehren miteinander zu
vergleichen und sie zu studieren. Wenn der Lehrer unfähig ist, wird es für den
Schüler bei Kampfübungen besonders einfach sein, in diese schlechten
Angewohnheiten zu verfallen. Auch aus diesem Grund empfehle ich, mehr Wert auf
das Üben von Kihon zu legen und erst in zweiter Linie für den Kampf zu
trainieren.
Trainingsdauer
Hinsichtlichder
Länge einer individuellen Trainingseinheit wird eine Dauer von etwa 30
Minuten für die meisten Leute angemessen sein. Nachdem man Kenntnis und
Erfahrung erworben hat, kann man in Abhängigkeit von der eigenen Körperkraft hin und wieder auch eine Stunde und länger
trainieren. Eine Warnung jedoch noch vorab: der jugendlichen Begeisterung
entsprin- gende exzessiv lange Trainingseinheiten, sind zu vermeiden. Wer
Zeit hat, sollte sein Training im Idealfall auf den Morgen, den Mittag
und den Abend verteilen. Die Technik ist für den Menschen da. Zumindest
das Karatetraining ist ein fortgesetztes Bemühen in Selbstvervollkommnung,
so dass es der Gipfel von Torheit wäre, durch unüberlegtes Training
die eigene Gesundheit zu beeinträchtigen oder krank zu werden. Man
sollte deshalb dessen stets eingedenk sein, dass es besser ist, oft nur
für kurze Zeit zu trainieren, als lange, dafür aber seltene Trainingseinheiten
zu besuchen.
Auf
jeden Fall, sollte man sich ins Gedächtnis zurückrufen, dass
man für einen Sifat nur ein oder zwei Minuten benötigt. Man sollte
einmal darüber nachdenken, vor dem Frühstück, nach dem Mittagessen
und nach dem Abendessen oder wenn man müde ist, während einer
Arbeitspause an sei- nem Schreibtisch, zu jeder Zeit, an jedem beliebigen
Ort zu trainieren.
Drei
Hauptpunkte
Drei
Punkte sollten wir während der Ausübung des Karate stets im Hinter-
kopf
haben:
1.
leichter und starker Krafteinsatz
2.
Anspannung und Entspannung des Körpers
3.
schnelle und langsame Bewegungen bei der Ausführung der Techniken
Obgleich
es Leute gibt, die in ihrer Karateübung ihre Kraft übermäßig
ein- setzen oder wahllos schnelle Bewegungen ausführen, zeigt der Einsatz
von viel Kraft keinesfalls auch einen schnellen Fortschritt beim Lernen
an, und der Krafteinsatz in fortlaufenden schnellen Bewegungen bedeutet
nicht, dass jemand geschickt ist. Vielmehr muss man beim Laufen eines Sifats
lernen, dort Kraft einzusetzen, wo erforderlich und nicht anders, sich
schnell zu be- wegen, wenn notwendig, und langsamer, wenn angemessen. Die
wichtigsten Faktoren unterliegen dem richtigen Einsatz von Kraft und Geschwindigkeit und ergeben die drei hier aufgezählten Punkte. Um
in einer bestimmten Form diese Punkte wirklich anzuwenden, den Grad der
Stärke, Entspannung und Anspannung des Körpers sowie schnelle
und langsame Bewegungen einer Technik richtig zu verbinden, ist es notwendig,
dass man die Besonderheiten dieses Sifats und die Bedeutung jeder in
ihm enthaltenen Technik vollständig versteht. Erst nachdem man sich
die Bedeutung dieser drei Hauptpunkte verinnerlicht hat, wird man in der
Lage sein, die Form korrekt auszuführen.
Lernen
neuer Formen
Da
es schwierig ist, in einer einzigen Trainingseinheit ein komplette Form
zu lernen, es ist für einen besser, das Unterrichten oder Erlernen
einer neuen Form auf mehrere Trainingseinheiten aufzuteilen. Zum Beispiel
könnte man eine neue Form auf drei Trainingseinheiten verteilen: während
der ersten Trai- ningseinheit behandelt man die erste Hälfte, im Laufe
der nächsten die zwei- te Hälfte, und dann in der dritten die Form
als Ganzes. Nachdem man die Abfolge der Form gelernt hat, sollte man dann
daran gehen, die entsprech- enden Stellungen und Körperhaltung zu
korrigieren, zum Verständnis der Bedeutung jeder der Bewegungen zu
gelangen und sich auf die Anwendung der drei Punkte, leichten und starken
Krafteinsatz, Anspannung und Ent- spannung des Körpers, und schnelle
und langsame Stellen in der Technik zu konzentrieren. Auf diese Weise fortschreitend,
sollte Interesse wachgerufen und für ein natürliches Lernen der
Form gesorgt werden.
Vermittlung
des Unterrichtsstoffes
Wenn
man irgendeine Materie erlernt, sollte man für gewöhnlich mit
ihren einfacheren Aspekten anfangen und sich dann die schwierigeren vornehmen;
das heißt, beginne mit dem Einfachen und gehe dann zum komplizierteren
Teil über. Das ist, natürlich auch auf Karate übertragbar,
das in einer geord- neten Art gelehrt werden sollte. Früher lehrten
viele Experten ihre Schüler zuerst ihre bevorzugten Formen. Dies lag
aber wahrscheinlich daran, dass sie nur etwa drei Formen kannten; folglich
konnte so während der Übung ein Mangel an Unterrichtsstoff auftreten und das hat ihre Schüler vielleicht irre- geführt. Stets betont
sein sollte die Notwendigkeit der Systematisierung des Unterrichtsstoffes. |